Steinkoffer, Sandstein
Sandstein
verschiedene Größen
Kassel, 2025




Pressemitteilung, Kassel, 15.06.2025
Der Kasseler Künstler Lutz Kirchner irritiert mit einem neuen Kunstwerk in Rothenditmold
„Koffer haben etwas Verbindendes“
Der Kasseler Stadtteil Rothenditmold hat einen neuen kulturellen Anziehungspunkt, der zum Nachdenken anregt. Das vom Steinbildhauer Lutz Kirchner geschaffene Kunstwerk „Steinkoffer“, das der Ortsbeirat Rothenditmold am 18.06.2025 in einer Feierstunde einweiht, ist eine ungewöhnliche Arbeit an einem gewöhnlichen Ort.
Unmittelbar an den rauen Industriecharme ausstrahlenden drei Brücken in der Wolfhager Straße ziehen elf Koffer aus massivem Stein den Blick an. In Gruppen, wartend, wie abgestellt stehen sie im Weg und sind nicht einfach mal eben wegzuräumen. Ihre schlichte Form ist eine Hommage an das unscheinbare Gepäckstück, das so viele Reisen begleitet hat und vor allem für Leichtigkeit, Abenteuer und Mobilität steht. Im Gegensatz dazu irritiert ihr schweres Material und lädt zum Nachdenken ein.
Entstanden sind die Koffer aus den Steinen der alten drei Brücken, die im Zuge der Verbreiterung der Wolfhager Straße abgerissen werden mussten. „Ich wollte einen Teil des historischen Materials bewahren und damit an ein Stück Geschichte des Stadtteils erinnern“, so Lutz Kirchner über seine Arbeit.
Die „Steinkoffer“ lassen vielfältige Assoziationen zu. Die nahen Eisenbahnbrücken verweisen auf das gängige Reiseutensil Koffer und auf die Vielfalt der Gründe, um unterwegs zu sein: Reisen finden zum Vergnügen statt, aber auch aus Notwendigkeiten heraus. Der Koffer ist für Lutz Kirchner nicht nur ein Symbol für den freudigen Aufbruch ins Unbekannte, sondern auch für die Sehnsucht nach der Rückkehr – und für unfreiwillige oder gar erzwungene Reisen. „Rothenditmold ist ein Stadtteil mit einem hohen Migrationsanteil. Mit den Koffern möchte ich aufmerksam machen auf die Menschen, die vor vielen Jahren als Gastarbeiter gekommen sind, unsere Gesellschaft mit aufgebaut und gestaltet haben, und auf diejenigen, die auf der Flucht vor Krieg und anderem Leid hier gestrandet, hier angekommen sind.“
Neben den vielfältigen Deutungsmöglichkeiten seines Kunstwerks platziert Lutz Kirchner mit den Steinkoffern auch ein Willkommenszeichen am westlichen Ortsrand von Rothenditmold. „Koffer haben etwas Verbindendes“, betont der in Kassel lebende Künstler. So darf man die schweren Steine auch ganz einfach als Treffpunkt begreifen und auf ihnen Platz nehmen, verweilen. Unterstrichen wird dieses verbindende Element durch eine schon etwas ältere Arbeit Kirchners: Am anderen Ende von Rothenditmold, am Kulturzentrum Schlachthof, findet sich eine seiner ersten Arbeiten im öffentlichen Raum, die Fassadeninstallation „Patterns that connect“ – eine Verbindung von Menschen und Orten.
Über Lutz Kirchner
Der 1971 in Langen (Hessen) geborene Lutz Kirchner wuchs in Heidelberg auf. Nach einer Ausbildung zum Steinmetz- und Steinbildhauergesellen in Duderstadt studierte er von 1996 bis 1999 Kunst an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam. Das anschließende Studium der Freien Kunst an der Kunsthochschule Kassel schloss er 2003 mit Auszeichnung und als Meisterschüler ab. Seit 2003 lebt und arbeitet er als freischaffender Künstler in Kassel.
Lutz Kirchners Arbeiten setzen Zeichen, wollen irritieren und Auseinandersetzung auslösen. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch im Gefüge aus Macht, Gier und Endlichkeit einerseits sowie Zwischenmenschlichkeit, Hoffnung und Zukunft andererseits.
Neben seinen künstlerischen Arbeiten leitet Lutz Kirchner seit über 20 Jahren die Bustouren im Rahmen der Kasseler Museumsnacht zu den 7000 Eichen von Joseph Beuys, bietet Spaziergänge zu Beuys‘ monumentalem Kunstwerk an und ist Mitautor des Buches „Beuys to go“.
Außerdem gibt er in Kassel Kurse für Steinbildhauerei.
Ausblick
Im Rahmen der „Kulturschiene Sauerland“ zeigt Lutz Kirchner im Kloster Bredelar (Stadt Marsberg) vom 6. bis 20. Juli seine Installation „sandy“ – ein einen Kubikmeter großer Würfel aus Sand, der bewusst dem Verfall ausgesetzt wird.